Klassifizierung und Risikoklassen

Verständnis der Risikoklassifizierung von Medizinprodukten nach MDR

Bevor Medizinprodukte auf dem europäischen Markt verkauft oder verwendet werden dürfen, müssen sie die gesetzlichen Anforderungen und Verfahren der jeweiligen Rechtsvorschriften erfüllen, um den geltenden Normen und Richtlinien zu entsprechen. Für die meisten Produkte bedeutet dies die Einhaltung der Anforderungen der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR). Einer der ersten und entscheidenden Schritte in diesem Prozess ist die korrekte Einstufung des Produkts in die passende Risikoklasse. Diese hat direkten Einfluss auf das Konformitätsbewertungsverfahren und den gesamten regulatorischen Lauf bis zur Marktzulassung.

Überblick über die Klassifizierung

Die Klassifizierung orientiert sich an der Verletzlichkeit des menschlichen Körpers. Nach der MDR werden Medizinprodukte anhand ihres Verwendungszwecks und der damit verbundenen Risiken eingestuft. Je tiefer ein Produkt in den Körper eingebracht wird und je länger es im Körper verbleibt, desto höher ist das Risiko — und entsprechend höher fällt die Klassifizierung aus.

Medizinprodukte nach MDR

Risikoklasse I mit den Unterklassen Is (sterile Produkte), Im (Produkte mit Messfunktion) und Ir (wiederverwendbare chirurgische Instrumente)
Klasse IIa, IIb und Klasse III

In-vitro-Diagnostika (IVD)

Klassen A, B, C und D

Die EU-Klassifizierung erfolgt gemäß den Klassifizierungsregeln in Anhang VIII der MDR, die detaillierte Kriterien festlegen (siehe Tabelle).

Anwendungsdauer

Anwendungsort

Wiederverwendbares chirurgisches Instrument

Aktives Medizinprodukt

Verwendung von biologischem
Material

< 60

Minuten

< 30 Tage

> 30 Tage

Grad der

Invasivität

Zentrales Kreislauf-system/ Nerven-system

therapeutisch diagnostisch Mensch Tier

Dabei ist keine pauschale Zuordnung von Medizinprodukten zu festen Risikoklassen möglich, die Zuordnung gilt für ein konkretes, einzelnes Produkt.

Bei Problemen mit der Zuordnung kann sich der Antragsteller, nach sichten sämtlicher ihm zur Verfügung stehender Literatur zur Abgrenzung oder Klassifizierung, zuerst an seine zuständigen Landesbehörde oder eine Benannten Stelle  und schließlich mit einem Antrag auf Klassifizierung und/oder Abgrenzung nach § 6 Abs. 2 MPDG an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wenden.

Bedeutung von Risikoklasse und Zweckbestimmung

Von der Risikoklasse und damit der Zweckbestimmung hängt auch der Aufwand der weiteren Zulassung ab. Mit steigender Risikoklasse steigen auch die Anforderungen, so kann z.B. die Einschaltung einer Benannten Stelle erforderlich sein.

Risikoklasse und Zweckbestimmung bilden außerdem die Basis der technischen Dokumentation, sind in wichtigen Dokumenten wiederzufinden und sollten äußert sorgfältig bestimmt werden.

Die Risikoklasse hat eine hohe Bedeutung und einen großen Einfluss auf die Tätigkeiten des Herstellers, da annähernd alle Prozesse darauf abgestimmt sind. Hierzu zählen beispielhaft:

  • Das Qualitätsmanagementsystem und ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen muss der Risikoklasse angemessen sein
  • Bestimmt im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens, z.B. unangekündigten Vor-Ort-Audits und Stichprobenprüfungen durch Benannte Stellen
  • Ist Teil der Technischen Dokumentation, EU-Konformitätserklärung, UDI-Datenbank
  • Der Prüfumfang in der Produktprüfung
Klassifizierung Risikoklassen

Zweckbestimmung Medizinprodukt

Die Bedeutung der Zweckbestimmung für das Gesamtverfahren ist im Allgemeinen unterschätzt und ist nicht immer einfach zu verstehen. Im Einzelnen regelt die Zweckbestimmung: 

  • Den Rechtsbereich, in dem das Produkt einzuordnen ist (Kosmetikum, Biozid, Arzneimittel, Medizinprodukt)
  • Legt Anforderungen an die Leistung/ klinische Leistung, Kompatibilität und Umfang des klinischen Nachweises fest, ist also die Basis für die „Nutzen-Risiko-Abwägung“
  • Inverkehrbringen und Inbetriebnahme muss bei Zweckbestimmung entsprechender Verwendung der MDR entsprechen
  • Produkte müssen sich unter normalen Verwendungsbedingungen für ihre Zweckbestimmung eignen.
  • Bestimmt Maß der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen, Anforderungen an Auslegung und Herstellung
  • Ist Teil der Gebrauchsanweisung, des Kurzberichts über Sicherheit und klinische Leistung, der Technische Dokumentation (Produktbeschreibung und Spezifikation)
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