Marktbeobachtung (PMS) & Klinische Nachbeobachtung (PMCF)

Regulatorischer Hintergrund

Die Planung und Durchführung der Marktbeobachtung von Medizinprodukten mit einer Post Market Clinical Follow-Up (PMCF) Studie wird auf einer regulatorischen Grundlage gebildet. Dies bedeutet, dass die Forderung einer PMCF Studie regulatorisch vorgeschrieben ist, um Medizinprodukte auf dem europäischen Wirtschaftsmarkt in Verkehr bringen zu dürfen.

 

Der Begriff Post-Market Surveillance (PMS) (dt.: Überwachung nach dem Inverkehrbringen) beschreibt einen proaktiven und systematischen Prozess, um aus Informationen und Überprüfung von Erfahrungen über Medizinprodukte, die bereits in Verkehr gebracht wurden, bei Bedarf notwendige Korrektur- und Präventivmaßnahmen (auch CAPA) abzuleiten. [1]

 

Das Post Market Clinical Follow-Up (PMCF) (dt.: klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen) definiert sich als ein fortlaufender Prozess zur Aktualisierung der klinischen Bewertung und ist dem Plan zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen hinzuzufügen. Im Rahmen der PMCF sammelt und bewertet der Medizinproduktehersteller klinische Daten. Dieser Prozess ist auf eine proaktive Art und Weise durchzuführen und erfolgt nachdem das Medizinprodukt mit einem CE-Kennzeichen versehen worden ist. Natürlich muss dieser Prozess als dokumentiertes Verfahren im Qualitätsmanagement-System beschrieben sein.

 

Das Ziel der PMCF Tätigkeiten besteht darin, das Produkt im Rahmen der Zweckbestimmung zu verwenden und dabei die Sicherheit und Leistung über die Lebensdauer des Produktes nachzuweisen. Dabei sollen unbekannte Risiken aufgedeckt und beurteilt werden, sodass die Vertretbarkeit dieser Risiken gewährleistet wird.

PMS Marktbeobachtung

Post-Market Surveillance (PMS)

Die PMS umfasst einen systematischen und proaktiven Prozess zur Sammlung und Auswertung von Daten über bereits im Markt befindliche Produkte. 

Ein wirksamer PMS-Plan muss u. a. enthalten:

  • Erfassung schwerwiegender Vorkommnisse und Sicherheitskorrekturmaßnahmen

  • Aufzeichnungen zu nicht schwerwiegenden Vorkommnissen

  • Trendanalysen und Beobachtung wissenschaftlicher Literatur, Register und Datenbanken

  • Rückmeldungen von Anwendern, Importeuren und Händlern

  • Vergleichsdaten zu ähnlichen Produkten

Ziel ist es, Risiken frühzeitig zu erkennen, Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen (CAPA) abzuleiten und die Patientensicherheit zu gewährleisten.

Post-Market Clinical Follow-Up (PMCF)

Die Durchführung eines PMCF umfasst die proaktive Sammlung und Bewertung klinischer Daten durch den Hersteller aus der Anwendung eines Produkts, das bereits mit einer CE-Kennzeichnung versehen ist. Die Erhebung klinischer Daten stellt dabei eine Abgrenzung zum allgemeinen PMS dar. Der Zweck der PMCF-Aktivitäten lässt sich wie folgt beschreiben:

  • Bestätigung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Medizinprodukts über die gesamte Produktlebensdauer hinweg

  • Identifizierung bisher unbekannter und nicht erkannter Nebenwirkungen oder Kontraindikationen

  • Risikobasiertes Monitoring auf Basis empirischer Daten und deren Bewertung

  • Kontinuierliche Sicherstellung der Vertretbarkeit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses im Zusammenhang mit der Anwendung des Medizinprodukts

  • Erkennung möglicher systematischer Fehlanwendungen des Produkts zur Bestätigung der bestimmungsgemäßen Verwendung

Ein PMCF-Plan muss gemäß MDR Anhang XIV, Teil B erstellt werden. Je nach Produkt erfolgt die PMCF z. B. durch:

  • Strukturierte Datenerhebung (z. B. Umfragen, Beobachtungsstudien)

  • Registerbasierte Überwachung

  • Spezifische PMCF-Studien

Hersteller sind verpflichtet, diese Maßnahmen vor dem Inverkehrbringen umzusetzen und während der gesamten Verwendungsdauer des Produkts aufrechtzuerhalten.

Integration in the Product Lifecycle

Die Begriffe Post-Market Surveillance (PMS) und Post-Market Clinical Follow-Up (PMCF) – also die Marktüberwachung und klinische Nachbeobachtung – müssen in den Produktlebenszyklus eines Medizinprodukts integriert werden, um ihre Bedeutung und wechselseitigen Zusammenhänge darzustellen.

PMS und PMCF sind keine isolierten Einzelmaßnahmen, sondern wesentliche Bestandteile eines kontinuierlichen und strukturierten Prozesses, der bereits vor der CE-Kennzeichnung beginnt und über die gesamte Lebensdauer des Produkts auf dem europäischen Markt fortgeführt wird.

 

Klinische Bewertung vor dem Inverkehrbringen

Bevor ein Medizinprodukt auf dem Markt bereitgestellt wird, muss der Hersteller eine klinische Bewertung durchführen, um:

  • die Konformität mit den allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen (Anhang I der MDR) unter normalen Verwendungsbedingungen nachzuweisen,

  • mögliche unerwünschte Nebenwirkungen zu bewerten,

  • und das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Produkts zu rechtfertigen.

Daraus ergeben sich zwei Phasen der klinischen Bewertung eines Medizinprodukts: vor und nach dem Inverkehrbringen. Laut MDR, Artikel 61 (11), muss die klinische Bewertung über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg regelmäßig aktualisiert werden.

Die klinische Bewertung basiert auf einem systematischen und geplanten Vorgehen zur Erhebung, Sammlung, Analyse und Bewertung klinischer Daten. Dieser Prozess umfasst:

  • die Planung und Identifizierung (fachlicher) Quellen,

  • die Bewertung der Daten anhand festgelegter Kriterien,

  • die Analyse relevanter Daten im Hinblick auf Leistung und Sicherheit des Medizinprodukts,

  • sowie die strukturierte, nachvollziehbare Dokumentation von Methodik und Ergebnissen.

 

Kontinuierliche Bewertung nach dem Inverkehrbringen

Gemäß MDR Artikel 61(11) muss die klinische Bewertung kontinuierlich anhand von Real-World-Daten aktualisiert werden, die durch PMS- und PMCF-Aktivitäten erhoben werden.

Das bedeutet: Auch nach der CE-Kennzeichnung müssen Hersteller über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg:

  • einen PMS-Plan implementieren (zur Sammlung und Bewertung von Informationen nach dem Inverkehrbringen)

  • sowie einen PMCF-Plan umsetzen (zur Erhebung klinischer Daten unter realen Anwendungsbedingungen).

Die Planung beider Maßnahmen beginnt vor der CE-Kennzeichnung und wird nach der Markteinführung fortgeführt. So entsteht ein kontinuierlicher Zyklus aus Bewertung, Rückmeldung und Verbesserung (siehe Abbildung 1, Schritte 1–2).

 

Proaktive Phase der klinischen Nachbeobachtung

Die proaktive PMCF-Phase dient dazu, die Sicherheit und Leistung des Produkts über seine gesamte Lebensdauer zu bestätigen. Sie stellt einen fortlaufenden Prozess dar, um die klinische Bewertung regelmäßig zu aktualisieren (MDR, Anhang XIV, Teil B (5); Abbildung 1, Nr. 3).

Die Generierung klinischer Daten im Rahmen von PMCF kann durch verschiedene Maßnahmen erfolgen, wie z. B.:

  • Produktregister, die Wirksamkeit und Sicherheit von Medizinprodukten überwachen,

  • PMCF-Studien, auf die weiter unten noch genauer eingegangen wird.

 

Berichterstattung und kontinuierliche Verbesserung

Die Ergebnisse der PMCF-Aktivitäten müssen analysiert und in einem PMCF-Bewertungsbericht dokumentiert werden (MDR, Anhang XIV, Teil B (7)).

Der Bericht muss folgende Anforderungen erfüllen:

  • eine Schlussfolgerung enthalten, die die Vorgaben der klinischen Bewertung (MDR, Artikel 61 und Anhang XIV, Teil A) erfüllt,

  • eine Schlussfolgerung enthalten, die die Anforderungen des Risikomanagements (MDR, Anhang I (3)) erfüllt,

  • die Konformität mit den allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen bestätigen,

  • eine Bewertung der Nebenwirkungen und die Begründung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses beinhalten,

  • sowie eine Aktualisierung des Risikomanagementsystems und der Technischen Dokumentation im Rahmen der klinischen Bewertung sicherstellen.

Dieser abschließende Schritt (Abbildung 1, Schritt 4) schließt den Kreis, indem die Ergebnisse zurück in die klinische Bewertung fließen und auf Grundlage von Real-World-Daten kontinuierlich verbessert werden. So entsteht ein fortlaufender Zyklus aus Wachsamkeit und regulatorischer Konformität.

Darüber hinaus gilt: Alle Maßnahmen werden durch Qualitäts- und Risikomanagement begleitet. Sowohl EN ISO 13485 (Qualitätsmanagement) als auch EN ISO 14971 (Risikomanagement) beschreiben Prozesse, die für alle Phasen des Produktlebenszyklus von Medizinprodukten relevant sind.

PMS und PMCF mit Risikomanagement
PMS und PMCF mit Risikomanagement

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Quellenverzeichnis

[1]          Amtsblatt der Europäischen Union, „Verordnung (EU) 2017/745 des europäischen Parlaments und des Rates (Medical Device Regulation, MDR)“, 5. April 2017.

[2]          EN ISO 13485:2016 + AC:2018 + A11:2021 Medizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen für regulatorische Zwecke

[3]          Medical Device Coordination Group (MDCG), „Post-market clinical follow-up (PMCF) Plan Template – A guide for manufacturers and notified bodies (MDCG 2020-7)“, April 2020

[4]          EN ISO 14971:2019 + A11:2021 Medizinprodukte – Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte“, Beuth Verlag GmbH